Wir leben in Zeiten von Corona. Der klitzekleiner Erreger reizt nicht nur zum Husten, sondern treibt auch seltsame sozialpolitische Blüten.
Was im politischen Diskurs der letzten zwanzig Jahren unmöglich war, wird plötzlich Realität: es öffnen sich ganz neue Kassen. Der Staat schüttet und schüttet. In der Stadt Zürich bekommen darbende Selbständige Nothilfe. Die Arbeitslosenkasse bezahlt Kurzarbeitsentschädigung, der Bund schwemmt Milliarden in KMUs um Liquiditätsengpässe zu überwinden und selbst erwerbstätige Eltern bekommen Kurzarbeitsentschädigungen, weil sie ihre Kinder zuhause betreuen müssen.
Es wird ein Hilfspaket nach dem anderen geschnürt. Sobald wieder eines verabschiedet wird, meldet sich die nächste Gruppe Betroffener lautstark zu Wort, und ruft nach einem neuen Paket.
Das Sozialwesen macht da keine Ausnahme, so sind es im Moment nicht nur die Kinderkrippen, die nach Unterstützung schreien, weil ihre Finanzierung immer noch eher dünn geregelt ist. Auch unzählige andere soziale Projekte rennen im Moment die Türen der Stiftungen ein mit der Bitte um Hilfe. Sanierungspläne haben sie natürlich keine gemacht, sie sind ja keine "gewinnorientierten Unternehmen", ebenso fehlen Überlegungen der Geschäftsleitungen zu einer Neuausrichtung oder zu Sparrunden, das wichtigste ist ihnen, den finanziellen Status quo zu halten.
Hilferufe sind in Krisen normal. Nicht normal ist, dass sich so wenig Innovationsgeist regt. Walter Schmid hat recht, wenn er in der NZZ (NZZ vom 17.4.2020) moniert, dass es im Moment den Anschein macht, als wäre mit Corona eine Art "Garantierte Existenzsicherung" eingeführt worden, weil jeder und jede Betroffene von irgendwo her Geld erhält.
Heute Morgen hat der Chefredaktor der NZZ, Eric Gujer, seinen Leitartikel unter den Titel "Bitte keinen Seuchen-Sozialismus" gesetzt.
Als politische Beobachterin kann man tatsächlich irritiert sein, ob so viel Erwartungshaltung an den Staat. Dabei wissen wir ganz genau, dass es für die Bewältigung von grossen Krisen die Kräfte aller braucht. Gefragt sind Eigeninitiative und Ideen, innovative Ansätze und konkretes, unkompliziertes Handeln.
Wenn wir gut aus dieser Krise herauskommen wollen, müssen wir alle mit anpacken und mit der Jammerei sofort aufhören. Wir müssen uns überlegen, was wir brauchen und was nicht mehr.
So lange aber unsere Spargelbauern glauben, dass freiwillige Helfer, die sich netterweise auf ihren Höfen gemeldet haben, nicht in der Lage sind, ihre bleichen Schösslinge aus der Erde zu heben, und lieber weiter auf Erntehelfer aus Rumänien hoffen und so lange es vor allem findige Kleingewerbler sind, die lokale Mahlzeitendienste aufziehen für Betagte und man von den Fachleuten aus dem Sozialwesen ausser lautem Jammern keinen Piep hört, fragt man sich, wo der Beitrag derjenigen Branche bleibt, die in den letzten zwanzig Jahren fast so schnell angewachsen ist wie das Gesundheitswesen und die fast ausschliesslich mit Staatsgeldern finanziert ist.
Vielleicht wäre es günstiger dieses Geld direkt via Bankomat an die Bedürftigen zu verteilen.
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